Die grässlichen Gesichter des Grauens gesehen

Weimar/Wewelsburg/Drensteinfurt/Neubeckum. Das Grauen hat viele grässliche Gesichter. Mit diesem übereinstimmenden Eindruck kehrten jetzt die 27 Schülerinnen und Schüler der Teamschule Drensteinfurt, der Rosa-Parks-Gesamtschule Neubeckum und deren Lehrer sowie zwölf Seniorinnen und Senioren aus Drensteinfurt von einer Fahrt des Synagogenvereins nach Weimar und zur Wewelsburg zurück. Mona Kolbow, Lehrerin an der Rosa-Parks-Gesamtschule in Neubeckum und Vorstandsmitglied des Synagogenvereins, Referendar Rüdiger Wecke sowie Teamschullehrer Franco Simone hatten die Exkursion zu den Erinnerungsorten vorbereitet und begleiteten die Tour. 

Zum Auftakt des Weimar-Aufenthaltes moderierte Rüdiger Pieck, Fachbereichsleiter Soziale Dienste in der Drensteinfurter Stadtverwaltung, für die jungen und älteren Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen Abend zum Kennenlernen und zum Austausch von Informationen, der zum besseren „Verständnis“ untereinander führte. In zwei geführte Gruppen aufgeteilt, wurden im „Haus der Weimarer Republik – Forum für Demokratie“ die Gründung, die Entwicklung und der Niedergang der ersten Demokratie in Deutschland anschaulich aufgezeigt. Dass immer wieder vergleichbare Tendenzen zu aktuellen politischen Entwicklungen in Deutschland – etwa zu extremistischen Strategien – deutlich wurden, machte den Interessierten deutlich, wie zerbrechlich die Staatsform Demokratie sein kann. Erste Eindrücke von den Konsequenzen einer Diktatur gab es bei der folgenden Stadtführung, die dem Thema „Weimar im Nationalsozialismus“ gewidmet war: Das Ende der phasenweise in der Stadt von Goethe und Schiller beheimateten Bauhaus-Architektur ging einher mit dem Aufstieg des Gigantismus der nationalsozialistischen Bauten, die zur Umsetzung von Gewalt, Terror und Unterdrückung dienten. Denn Weimar war wie kein anderer Ort in Deutschland eng mit dem Nationalsozialismus verbunden: Noch heute verdeutlichen Monumentalbauten, welche Bedeutung die damalige Gaustadt hatte.

Welche fatalen Folgen die nationalsozialistische Ideologie – und ganz besonders der Rassenwahn – hatten, wurde bei den Führungen durch das Konzentrationslager Buchenwald aufgezeigt. Welcher Willkür und Menschenverachtung die Kinder, Frauen und Männer von 1937 bis 1945 ausgesetzt waren, ließ sich zumindest erahnen: Unter fachkundiger Führung folgten die Interessierten dem Leidensweg der Insassen von deren Ankunft am Bahnhof über die „Straße des Terrors“ („Carachoweg“) ins Lager – bis in die Verbrennungsanlage für die Leichen. Die schmiedeeiserne, nur von innen lesbare Inschrift „Jedem das Seine“ im Lagertor dokumentiert noch immer, welchen Gräueltaten die Gefangenen ausgeliefert waren. Immer wieder beschäftigte die Besucherinnen und Besucher die Frage, wer was wann über die Verbrechen nur sieben Kilometer von der Weimarer Innenstadt entfernt gewusst hat? Nicht nur der Bau des Lagers und der Produktionsstätten für Kriegsgerät und die Transporte von Gefangenen, auch der Austausch mit dem Lager (etwa Arbeiten im Lager oder der Besuch von Soldaten bei Kulturveranstaltungen in Weimar) konnten nicht im Verborgenen bleiben.

Welche Rolle die Täter gespielt haben, zeigt die Dauerausstellung „Ideologie und Terror der SS“ in der Erinnerungs- und Gedenkstätte Wewelsburg, die als „Hochburg“ der Schutzstaffel (SS) – eine NS-Eliteorganisation – dienen sollte. Hier wurde den Jungen und Älteren deutlich, dass der Rechtsextremismus aktuell (wieder) eine Gefahr für die Demokratie ist. 

„Die Eindrücke des Erlebten werden euch wohl ein Leben lang begleiten“, meinte Synagogenvereins-Vorsitzender Robert Vornholt zum Abschluss der viertägigen Fahrt. „Die Gräueltaten der Nazis sind beispiellos. Jeder Vergleich mit dem Schrecklichen verbietet sich, ist historisch falsch und schlicht ein Tabubruch.“